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Das Online-Magazin der Musikschule Region Dübendorf

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Holz, Klang und Präzision

Zu besuch bei Rast Geigenbauer in Zürich

Holz, Klang und Präzision

Wer die Werkstatt von Rast Geigenbauer betritt, taucht in eine andere Welt ein. Im Atelier, welches im rund 500 Jahre alten Gebäude der Mühle Hirslanden bei der Station Burgwies in Zürich untergebracht ist, wird man nicht nur von einem sympathischen Team begrüsst, sondern blickt direkt auf elegante Streichinstrumente aller Art, welche hier entstehen und leben: Geigen, Celli, Bratschen, Kontrabässe. Das historische Flair des Hauses passt perfekt zum traditionellen Handwerk des Geigenbaus. Die Faszination ist sofort da. Und es gibt einiges zu erfahren.

Geschäftsführer Felix Rast begrüsst uns herzlich. Er ist Geigenbauer in zweiter Generation. Sein Vater führte bereits die Werkstatt, er und sein Bruder Kaspar haben die Lehre im familieneigenen Betrieb absolviert und führen das Handwerk erfolgreich und mit viel Leidenschaft weiter. Nach seiner Lehre im Familienbetrieb zog es Felix Rast zur Weiterbildung ins Ausland, unter anderem nach Italien und in die USA, wo er in Kalifornien in einer grossen Werkstatt auch mit historischen Instrumenten arbeitete. 

Tradition und Technik

Im Kern hat sich der Geigenbau seit Jahrhunderten kaum verändert. „Wir arbeiten noch immer mit den gleichen Werkzeugen wie schon zu Stradivaris Zeiten“, erzählt Felix Rast. Einige Werkzeuge sind nicht im Handel erhältlich und werden von den Gebrüdern Rast sogar selbst hergestellt. 

Auch wenn die Werkzeuge grundsätzlich traditionell geblieben sind, haben sich die Arbeitsbedingungen verändert. So achtet man heute auf die Gesundheit und setzt Absauganlagen und Staubmasken ein, um die Atemwege vor dem feinen Holzstaub zu schützen. 

Für den Instrumentenbau werden noch immer die selben Werkzeuge wie vor hunderten vor Jahren gemeldet.

Die grossen Schulen des Geigenbaus, wie sie in Italien, Frankreich, Deutschland, England entstanden sind, beeinflussen die Arbeit bis heute. Die italienische Bauweise nach dem Cremoneser Modell hat sich weltweit durchgesetzt und als Standardbauweise etabliert.

Das verwendete Material macht den Unterschied

Eine Geige entsteht bei Felix Rast auf Auftrag, manchmal reizt ihn aber das Ausprobieren einer Idee und er stellt sich gerne neuen Herausforderungen. „Ich baue gerne neue Instrumente, wenn ich etwas ausprobieren will oder ein Musiker eine bestimmte Vorstellung hat“, sagt er. Ein neues Instrument kostet zwischen CHF 15’000 und 20’000 Franken. Dabei wird jeweils eng mit den Auftraggebenden zusammengearbeitet. 

Präziseste Handarbeit mit erlesenen Materialien.

Das wichtigste Material ist das Tonholz. Für die Resonanzdecke wird grundsätzlich Alpenfichte verwendet. Der Rest besteht meist aus Bergahorn, so wie es seit Jahrhunderten im Geigenbau Tradition ist. Besonders schön gemasertes Ahornholz stammt aus dem Balkan. Betrachtet man die Instrumente genauer, fällt auf, dass bei einigen die Jahresringe der Bäume deutlicher zu sehen sind als bei anderen. Je enger die Jahresringe beieinanderliegen, desto dichter und stabiler ist das Holz. Die Holzplatten, welche verarbeitet werden, werden sorgfältig ausgesucht. „Das Holz wird der Länge nach in der Mitte durchgesägt und die beiden Hälften spiegelbildlich zusammengefügt“, erklärt Rast. 

So entsteht ein symmetrischer Klangkörper mit ausgewogener Schwingung. Die Lagerung des Holzes spielt dabei eine entscheidende Rolle, bei den Lieferanten wie auch in der Werkstatt. Gut abgelagertes Holz verleiht dem Instrument die gewünschte Farbe.

Für die Griffbretter wird meist Ebenholz verwendet, aus Afrika oder Asien. Beim Bogenholz kommt traditionell das Tropenholz Fernambuk aus Brasilien zum Einsatz. Die bedauernswerte Tatsache der Rodung, was definitiv nicht dem Geigenbogenbau geschuldet ist, trägt Konsequenzen mit sich, die Stimmen für strengere Schutzbestimmungen werden lauter. So ist es gut möglich, dass Musikerinnen und Musiker zukünftig auf Reisen ein entsprechendes Zertifikat mitführen müssen, das die Nachhaltigkeit des verwendeten Holzes belegt. Während früher für den Bogengriff Elfenbein, Perlmutt und Schildpatt verwendet wurde, weicht man heute auf Kunststoff aus.

Feine Handarbeit

In der Werkstatt ist fast alles Handarbeit. „Man braucht sehr viel Gefühl und Erfahrung, um die richtige Spannung und Resonanz zu finden.“, erklärt Bruder und Bogenspezialist Kaspar Rast, dem wir bei der Reparatur eines Bogens über die Schulter schauen durften. Bei Restaurierungen und Reparaturen ist eine breite und langjährige Erfahrung besonders von Vorteil, hat doch jedes Instrument und sogar jeder Bogen seinen eigenen Charakter. Besonderen Reiz hat für Felix Rast die Zusammenarbeit mit Musikerinnen und Musikern.

 So entwickelte er gemeinsam mit der Solobassistin des Zürcher Kammerorchesters einen individuell passenden Bogen. „Sie spielt mit einem Barockbogen, das passt perfekt zu ihrem Stil. Solche Projekte machen Spass und sind eine gute Referenz.“

Zwischen Geschichte und Gegenwart

Ein besonderes Stück in der Werkstatt ist ein Violoncello Piccolo aus der Barockzeit, mit fünf statt vier Saiten. Felix Rast hat es restauriert und das Instrument wird heute als Leihinstrument für Aufnahmen verwendet, etwa für Bachs Cellosuiten. „Es ist ein ursprünglich deutsches Instrument aus dem 18. Jahrhundert. Es ist schön, dass es weiter erklingt“, sagt er. Kürzlich spielte die junge Cellistin Anastasia Kobekina damit Aufnahmen ein.

Bei seiner Arbeit in Kalifornien durfte Felix Rast mit Instrumenten von Stradivari, Guarneri und Montagnana arbeiten, ein besonderes Privileg. Viele dieser wertvollen Stücke gehören Stiftungen oder Mäzenen, die sie an Musiker verleihen. „Das ist eine grosse Verantwortung und zugleich eine Ehre“, sagt er.

Pflege und Klima

Ein Streichinstrument reagiert empfindlich auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Zu trockene Luft führt zu Rissen, Bodenheizung ist problematisch. Rast empfiehlt, einmal jährlich einen Service durchführen zu lassen, die Saiten zu reinigen und die Wirbel zu schmieren. „Wichtig ist, den Bogen nach dem Spielen immer zu entspannen und die Haare nicht zu berühren“, betont er. In seiner Werkstatt herrscht dank Niedertemperaturheizung ein kontrolliertes Klima. Die Luftfeuchtigkeit wird mit einem Hygrometer beobachtet und stabil gehalten.

Ein inspirierender Ort

Der Besuch in der Mühle Hirslanden war eindrucksvoll. Hier trifft handwerkliche Perfektion auf Klangverständnis und Liebe zum Detail. Für Lehrpersonen bietet sich sogar die Möglichkeit, mit ihren Klassen auf Anmeldung die Werkstatt zu besuchen. Ein Erlebnis, das jungen Musikerinnen und Musikern einen neuen Blick auf ihr Instrument eröffnet.

Informationen zu Rast Geigenbauer

Angebot
Neubau, Reparatur und Restauration von Violinen, Violen, Celli und Kontrabässen
Vermietung von Streichinstrumenten in allen Grössen (Violine, Viola, Cello, Kontrabass)
Verkauf und Ankauf von Instrumenten und Bögen
Fachkundige Beratung, Wartung und Klanganpassung

Besonderheiten
Über 50 Jahre Erfahrung im Geigenbau
Eigenes Tonholzlager und sorgfältig gepflegte Werkstatt in der historischen Mühle Hirslanden
Mietinstrumente und Service besonders für Musikschulen und junge Musikerinnen und Musiker

Website